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Die St.-Martin-Kirche hat eine uralte Siedlungsgeschichte. Im Verzeichnis des fünften Freisinger Bischofs Hitto (811-835) befindet sich eine Kirche in Premrain, von der es heute keinerlei Spuren mehr gibt. Aber im Jahre 1141 weihte Bischof Otto I. von Freising in Kematen dem hl. Martinus eine Kirche mit markantem Sattelturm, die etwa 100 Jahre den Rang einer Pfarrkirche einnahm. 1318 musste Kematen seine Pfarrrechte an Irschenberg abtreten und wurde zur Filialgemeinde.

Seit dieser Zeit bis 1917 wurde die Seelsorge gemeinsam mit jener von Dettendorf durch einem der etwa 90 Irschenberger Kooperatoren wahrgenommen, die über 600 Jahre lang vom Berg herunter stiegen, im Sommer wie im Winter, bei Wind und Wetter, Eis und Schnee, den weiten und beschwerlichen Weg von gut einer Stunde zu Fuß nahmen und ihren gottgefälligen Dienst leisteten. Die Kirche Kematen erhielt 1779 vom Abt des Klosters Rott am Inn in feierlicher Form ein Partikel der Gebeine des hl Martin überreicht.

Der sehnliche Wunsch wieder einen ortsansässigen Pfarrer zu bekommen, blieb über Jahrhunderte lebendig und verlangte unter den Gläubigen große Opferbereitschaft. Um 1900 wurde in Kematen ein Pfründeverein gegründet mit dem Ziel, die finanziellen Voraussetzungen für Wohnung und Lebensunterhalt eines eigenen Pfarrers zu schaffen, das schließlich in den Bau eines Priesterhauses mündete. 1917 stand es einem Geistlichen zu Verfügung und verhalf Kematen zur selbständigen Expositur. Die Stelle des Expositus nahm Josef Herzinger, Benefiziat aus Au, ein, der 1919 auch Pfarrer wurde, als Kematen-Dettendorf wieder zur eigenständigen Pfarrei erhoben wurde. Am 25. – 27. Oktober 1991 feierten die Pfarrangehörigen von Kematen das 850. Jahr des Bestehens ihrer St.-Martin-Kirche als großen Freudentag.

Der ursprünglich romanische Hallenbau der Kirche erfuhr im Laufe seiner Geschichte eine Vielzahl von Um- und Anbauten. Vorherrschend ist der späte Barock, nur der Turm blieb unverändert gotisch. 1920/21 wurde St. Martin von dem Kirchenmaler Heigl und dem Bildhauer Köglsberger, beide aus Bad Aibling, restauriert. 1991 erneuerte die Wiegerling’sche Werkstätte aus Bad Tölz Altar und Kreuzweg ein letztes Mal.

Der Hochaltar von 1817 trägt die Figur des Kirchenpatrons, flankiert vom hl. Antonius mit dem Jesuskind und vom hl. Leonhard in Lebensgröße als Mönche dargestellt. Über der St.-Martins-Figur im Bischofsornat steht in einer Kartusche: „Hl. Martinus bitt für uns“. Auf dem Altarauszug, eingerahmt von zwei großen Engeln, hebt Gottvater segnend die Hand.

Die Verehrung des hl. Leonhard hat den seit alters her gepflegten Brauch der Pferdeumritte und Wagenumfahrten bis in die fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts erhalten. Die letzte Pferdewallfahrt fand 1951 statt.

Auf dem Chorgestühl neben der Sakristei stehen die Figuren der Wilpartinger Märtyrer, der hl. Marinus und der hl. Anian. Gegenüber befindet sich eine Plastik, die den hl. Konrad aus Altötting darstellt.

Bemerkenswert sind ein sechseckiger Taufstein aus Marmor aus dem Jahr 1526 im Chorraum und die aus dieser Zeit stammende gefasste, schöne Holzfigur der hl. Apollonia, die an der linken Wandseite angebracht ist. Von den gegenüber angebrachten Figuren, des gekreuzigten Christus mit der hl. Mutter Maria ist kein Entstehungsdatum bekannt. Zwei halblebensgroße Skulpturen, aus dem 18. Jahrhundert, zeigen die hl. Barbara und die hl. Katharina (Rad).     An den Seiten des Kirchenschiffs sind die Kreuzwegtafeln von 1771 angebracht. Sie wurden von Erwin Wiegerling aus Bad Tölz 1991 restauriert und wieder in Farbe und Glanz gebracht.

Johann Martin Heigl hat das Deckenfresko über dem Altarraum gefertigt („Der hl. Martin beschützt Kematen“, 1765). Fünf Gemälde aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts an der Empore befassen sich mit dem Leben des hl. Martin. Schließlich sind noch einige kleine, bunte Glasfenster bemerkenswert, zum Teil als Überbleibsel aus dem 15. Jahrhundert; der Kirchenpatron (hl. Martin), ein kunsthistorisch bedeutsames Relikt, das im rechten unteren Eck ein Stifterwappen enthält: Ein Rabe mit einem Ring im Schnabel, das vielleicht auf das  Wappen der Edlen von Steinreb hinweist. Das Glasfenster Johannes Baptist gibt einen weiteren Hinweis auf eine alte, ortsansässige Adelsfamilie, Pelchinger von Hofen, deren Mitglieder in der alten Kirche begraben sein sollen. Leider wurden die Grabstätten bei der Renovierung 1814 entfernt. Damit folgte die Kirchengemeinde einer seit dem 18. Jahrhundert geübten unseligen Praxis: Zwischen 1711 und 1716 ließ ein Irschenberger Pfarrer die Grabsteine der ehemaligen Pfarrer von Kematen entfernen und zerstörte so die ältesten Dokumente der Kirche.

Alljährlich wird für die beiden Kartage das „Heilige Grab“ errichtet und lädt mit bunten Farbkugeln beleuchtet, Gläubige zum stillen Gebet ein. Das Grab wurde erstmals 2005 nach über 60 Jahren wieder aufgebaut.

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